17. Juni 2024
4,5 Minuten

Grundlagen der Nachlassregelung: Probesterben lohnt sich

Einen geliebten Menschen zu verlieren ist für die meisten Menschen ein schmerzhafter Einschnitt im Leben, denn der Tod ist generell ein Thema mit dem wir uns ungerne auseinandersetzen, eben weil er weh tut.

Trotz der emotionalen Belastung, die der Tod eines geliebten Menschen mit sich bringt, gibt es eine Reihe von administrativen Aufgaben, die von den Betroffenen im Rahmen der Nachlassregelung, zu regeln sind.

Ein paar grundsätzliche Dinge sollten Sie sich hierbei vergegenwärtigen:

  1. Sterbeurkunde

Zur Regelung des Nachlasses benötigen Sie die Sterbeurkunde des Verstorbenen. Diese wird beim Standesamt des Wohnsitzes des Erblassers beantragt. Beantragen Sie optimalerweise gleich mehrere Ausfertigungen. In vielen Fällen übernimmt die Beantragung der Sterbeurkunde das Bestattungsinstitut. Dies gilt es vorher abzustimmen.

Kurz:

  • Sterbeurkunde
  • Beantragung beim Standesamt des Wohnsitzes des Erblassers
  • Ratgeber: Bestattungsinstitut
  1. Gesetzliche Erbfolge, Erben, Erbengemeinschaft

Das deutsche Erbrecht ist ein Verwandtenerbrecht, das heißt, wenn der Erblasser zu Lebzeiten kein Testament formuliert hat, tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Im Einzelnen bedeutet dies, dass zunächst die eigenen Abkömmlinge, also Kinder, Enkel, … – ersatzweise Eltern, Geschwister und deren Kinder erben.

Mit dem Tod geht also der gesamte Nachlass auf den Erben oder bei mehreren Erben auf die Erbengemeinschaft über. Dennoch gilt grundsätzlich, dass das Erbe offiziell aktiv angenommen als auch abgelehnt werden muss.

Wichtig: Bei einer Erbengemeinschaft können nur alle Erben gemeinsam über den Nachlass verfügen.

Zum Nachlass gehören:

  • Guthaben bei der Bank, z. B. Wertpapierdepots, Konten und Sparbücher, aber auch Verbindlichkeiten z. B. Privatkredite oder Baufinanzierungen
  • Außerdem unbewegliches Vermögen – Grundstücke, Wohnungen, Häuser
  • sowie Hausrat und Fahrzeuge.

Neben den Nachkommen hat auch der überlebende Ehegatte des Erblassers, falls vorhanden, ein gesetzliches Erbrecht von einem Viertel des Nachlasses. Insofern die Zugewinngemeinschaft als Güterstand vereinbart ist, erhöht sich der Erbteil um ein weiteres Viertel. Bei gesetzlicher Erbfolge steht dem überlebenden Ehegatten der sogenannte Voraus zu, d. h. er hat Anspruch auf den Hausrat. Hier kann es zu Streitigkeiten darüber kommen, was zum gemeinsamen Hausrat gehört, insbesondere wenn z. B. Kunstgegenstände, Antiquitäten etc. vorhanden sind.

Die Erbengemeinschaft ist keine auf Dauer angelegte Zwangsgemeinschaft. Vielmehr kann jeder Erbe die Erbauseinandersetzung, also die Aufteilung des Nachlasses unter den einzelnen Erben, verlangen. Die Auseinandersetzung kann erst erfolgen, wenn die Nachlassverbindlichkeiten, z. B. Kredite, Erbschaftssteuer, Pflichtteilsansprüche, beglichen sind.

  1. Erbschein

Der Erbschein wird beim Nachlassgericht (Amtsgericht) des Wohnortes des Verstorbenen, für den Fall das kein notarielles Testament vorliegt, beantragt. Für die Ausstellung verlangt das Gericht eine Gebühr, die sich nach der Größe des Nachlasses richtet. Zudem ist der Antrag von allen Erben zu stellen. Der Erbschein zeigt die erbrechtlichen Verhältnisse, d. h. wer erbt wie.

Ob ein Erbschein benötigt wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ein Alleinerbe, der eventuell eine Bankvollmacht oder sogar Generalvollmacht hat, wird wahrscheinlich keinen Erbschein benötigen. Gleiches gilt z. B. bei Vorlage eines eröffneten, notariellen Testaments.

Insofern Immobilienvermögen in die Erbmasse fällt, so ist ein Erbschein oder alternativ ein notarielles Testament zwecks Vorlage beim Grundbuchamt zur Änderung der Eigentümerverhältnisse immer zwingend erforderlich.

  1. Wertermittlung des Nachlasses

Die Bewertung von Grundvermögen – Häuser, Grundstücke – erfolgt vorrangig nach dem Vergleichswertverfahren. Hierbei werden Kaufpreise von Immobilien herangezogen, die mit der zu bewertenden Immobilie hinreichend übereinstimmen. Vermietete Objekte werden im Ertragswertverfahren bewertet.

Unternehmerisches Vermögen, z. B. Betriebsvermögen von Gewerbetreibenden, wird am Verkehrswert ausgerichtet.

Vermögen bei Banken, Konten und Wertpapierdepots, werden von der Bank mit Stichtag Todestag an das Nachlassgericht gemeldet.

Bei Lebensversicherungen fließt der Rückkaufswert in den Wert des Nachlasses ein.

Fazit:

Die gesetzliche Erbfolge ist in einfach gelagerten Fällen auch ohne Testament ausreichend und führt i. d. R. zu Ergebnissen im Sinne des Verstorbenen im Rahmen der Nachlassregelung.

Bei Erbfällen mit mehreren Beteiligten und unterschiedlichen Interessen lässt sich der Nachlass häufig nicht ohne Streit und wirtschaftliche Nachteile regeln. Je komplexer die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse also sind, desto sinnvoller ist eine individuelle Regelung für den Erbfall im Rahmen einer letztwilligen Verfügung/ Testament. Eventuell können auch zu Lebzeiten Schenkungen als vorweggenommenes Erbe ein sinnvoller Ratgeber sein, um die Vermögenswerte mit warmer Hand zu übertragen.

Grundsätzlich ist es immer hilfreich, wenn ein Testament im Vorfeld vom Erblasser formuliert und die Familie darüber in Kenntnis gesetzt wurde. So klären sich viele Fragen bereits im Vorfeld.  Welche Schritte es bei der Testamentsformulierung zu beachten gilt, aber auch welche weiteren Vorkehrungen hilfreich sind zu Lebzeiten zu formulieren, erfahren Sie in den kommenden Ausgaben, denn in diesem Artikel standen die Grundlagen der Nachlassregelung als erste Indikation im Vordergrund.

In den weiteren Teilen der Serie erhalten Sie dann zudem konkretere Orientierungshilfen, die das Probesterben erfolgreich machen, denn „Probesterben lohnt sich“ ist nicht nur ein Leitspruch, sondern eine Aufforderung, die eigene Endlichkeit proaktiv zu managen. Durch eine sorgfältige Planung sichern Sie nicht nur Ihr Vermögen, sondern schenken Ihren Liebsten das größte Geschenk: Klarheit und Sicherheit in schwierigen Zeiten.

Bei Fragen stehen unsere Testamentsvollstrecker Ihnen gerne als Ratgeber zur Verfügung, zögern Sie daher nicht und nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf.

Jens Poock, Vermögensverwalter & Testamentsvollstrecker bei Mademann & Kollegen