17. Juli 2024
6,6 Minuten

Nachlassregelung zu Lebzeiten: Vorbereitung für den letzten Abschied

Damit Ihre Angehörigen die Gelegenheit haben in Ruhe Ihren Verlust zu betrauern, lohnt es sich im Vorfeld Vorkehrungen zu treffen und Ihre letzten Wünsche vorzuformulieren. Seinen letzten Willen zu Lebzeiten zu formulieren hat viele Vorteile und regelt unter anderem einen klaren Ablauf Ihrer Nachlassabwicklung.

Wir haben Ihnen in Teil I der Blogserie bereits einige allgemein gültige Begrifflichkeiten erläutert. Hier finden Sie diese noch einmal in der Übersicht.

  • Sterbeurkunde
  • Gesetzliche Erbfolge, Erben, Erbengemeinschaft
  • Erbschein
  • Wertermittlung des Nachlasses

Erben & Vererben Teil I

Im Folgenden möchten wir nun einen konkreteren Blick auf den Vermögensübergang zu Lebzeiten werfen und darauf schauen welche präventiven Maßnahmen von Ihnen bereits heute getroffen werden können

Geplante Schenkungen – Die attraktive Alternative zum Testament

Vorausschauende Vermögensplanung mit Schenkung

Vermögensübergänge müssen nicht erst mit dem Tod im Rahmen der Nachlassregelung von Statten gehen, sondern können auch zu Lebzeiten, „mit warmer Hand“, erfolgen, denn Schenkungen erlauben dem Schenker, die Übertragung des Vermögens sowohl zeitlich als auch inhaltlich präzise zu strukturieren. Dies könnten mögliche Anlässe für Schenkungen darstellen:

  • Einmaliger Bedarf bei den Nachkommen,
  • Umsetzung einer langfristigen Nachfolgestrategie,
  • vorweggenommene Erbfolge,
  • steuerliche Gründe

Warum einen Schenkungsvertrag verfassen

Liegt der Schenkung eine konkrete Motivation des Schenkers zu Grunde, kann es insbesondere bei größeren Zuwendungen sinnvoll sein die notwendigen Regelungen in einem Schenkungsvertrag festzuhalten. Zur Wirksamkeit bedarf der Schenkungsvertrag einer notariellen Beurkundung zur rechtlichen Durchsetzung der Ansprüche des Beschenkten. Wird ein Schenkungsvertrag nur privatschriftlich geschlossen, wird die Schenkung mit ihrer tatsächlichen Durchführung wirksam.

Im Rahmen eines Schenkungsvertrages können verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten vereinbart werden. Hier folgen einige Beispiele:

  • Rückforderungsrechte: Wenn die Schenkung an bestimmte Erwartungen des Schenkers geknüpft werden soll und diese dann nicht erfüllt werden, kann eine Rückforderung des Schenkungsgegenstandes vereinbart werden.
  • Verfügungsbeschränkungen: Eine Verfügung des Schenkungsgegenstandes durch den Beschenkten darf nur mit Zustimmung des Schenkers erfolgen.
  • Pflichtteilsanrechnung: Bei Schenkungen an pflichtteilsberechtigte Erben ist zu überlegen, ob der Wert der Schenkung auf den Pflichtteil angerechnet werden soll.
  • Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt: Trotz Weggabe des Schenkungsgegenstandes (z. B. eine Immobilie oder ein Aktiendepot) wird vereinbart, dass die Mieten oder Dividenden vom Schenkenden vereinnahmt werden.

Dies sind nur einige Beispiele für Gestaltungsoptionen bei Schenkungsverträgen.

Vererben via Testament: Es kommt auf die Form an

Letztwillige Verfügungen, das Testament

Das Testament ist die gebräuchlichste Form einer letztwilligen Verfügung. Es kann von jeder mindestens 18 Jahre alten Person, bei notariellem Testament 16 Jahre, errichtet werden. Da es sich um eine einseitige Willenserklärung handelt, kann der Erblasser das Testament jederzeit aufheben als auch ganz oder teilweise ändern.

Gemeinschaftliches Testament

Ein gemeinschaftliches Testament ist eine Sonderform, in der Eheleute gemeinsam ihren letzten Willen niederlegen. Hier sind einseitige und wechselseitige Verfügungen zu unterscheiden. Seine einseitigen Verfügungen kann jeder Ehepartner jederzeit widerrufen, während hingegen wechselseitige Verfügungen nur zu Lebzeiten von beidem Ehepartner widerrufen werden können. Sobald ein Ehepartner verstirbt können wechselseitige Verfügungen nicht mehr vom überlebenden Ehepartner geändert werden. Aus der testamentarischen Bindung kann der Überlebende sich nur mit Ausschlagung des Erbes befreien.

Erbvertrag

Ein Erbvertrag ist eine Alternative zum Testament und stellt ebenfalls eine Form der letztwilligen Verfügung dar. Er wird zwischen mindestens zwei Parteien geschlossen und bedarf einer notariellen Beurkundung.

Gemeinsam bis zum Schluss, das Berliner Testament

Das sogenannte Berliner Testament ist eine besondere Form des gemeinschaftlichen Testaments. Hierbei setzen sich die Ehepartner gegenseitig als Alleinerben und die gemeinsamen Nachkommen als Schlusserben ein, mit dem Ziel den überlebenden Ehegatten umfassend zu versorgen. Dies wird mit dieser einfachen Methode zur Regelung der Erbfolge bestmöglich erreicht.

Das Berliner Testament ist jedoch auch mit Nachteilen behaftet, denn aufgrund der „Enterbung“ der Kinder steht diesen ein gesetzlicher Pflichtteilsanspruch zu.

Dies kann zu Erbstreitigkeiten führen und/ oder wegen der Begleichung des Pflichtteilsanspruches zu Liquiditätsengpässen beim überlebenden Ehegatten führen. Bei größeren Nachlässen führt das Berliner Testament meist zu erbschaftsteuerlichen Nachteilen, insbesondere weil die Freibeträge der Kinder (je 400.000 Euro) ungenutzt bleiben.

Wie schreibe ich ein Testament

Üblicherweise wird ein Testament in handschriftlicher Form oder durch notarielle Beurkundung formuliert. Bei einem handschriftlichen Testament muss der gesamte Text vom Erblasser eigenhändig geschrieben werden.

Bei einem gemeinschaftlichen Testament reicht es, wenn einer der Ehepartner den Text handschriftlich niederschreibt und der Ehepartner das Testament mit gegenzeichnet. Wichtig ist, dass beide die Niederschrift unterschreiben. Der Text sollte mit Ort und Datum sowie mit vollem Namen unterschrieben werden. Ein Datum ist daher sinnvoll, da nur das jüngste Testament gültig ist.

Notarielle Testamente hingegen werden in einer notariellen Urkunde errichtet. Hierbei fallen Notargebühren an, die sich nach dem Wert des Nachlasses richten. Bei insbesondere komplizierten Erbfällen kann ein notarielles Testament sinnvoll sein und spätere Streitigkeiten und dann mögliche anfallenden Gericht- und Anwaltskosten vermeiden.

Wie vermeide ich Fehler beim Testament

  1. Ein Testament sollte nicht improvisiert und irgendwo abgelegt werden, wo es schwer zu finden ist. Ein strukturiertes und sicheres Aufbewahren erleichtert Ihren Erben eine zeitnahe und ordnungsgemäße Abwicklung.
  2. Ein Testament muss klar und unmissverständlich formuliert sein, um Missverständnisse auszuschließen.
  3. Es ist ratsam, rechtzeitig zu Lebzeiten präventiv eine Bankvollmacht über den Tod hinaus zu erteilen.
  4. Auf die Beratung durch einen Notar zu verzichten kann dazu führen, dass das Testament rechtlich angreifbar oder ungültig ist.
  5. Ein Testament sollte bestenfalls in amtliche Verwahrung gegeben werden, um sicherzustellen, dass es im Todesfall gefunden und auch umgesetzt wird.
  6. Das Testament sollte regelmäßig überprüft und aktualisiert werden, um sicherzustellen, dass es den aktuellen Wünschen entspricht. Bei wesentlichen Änderungen sollte ein neues Testament formuliert werden.

Sollten Sie Hilfe bei der Erstellung Ihres Testamentes benötigen teilen wir gerne unser Expertennetzwerk aus Juristen sowie Notaren mit Ihnen.

Generell gilt, wenn kein letzter Wille formuliert wurde so greift die gesetzliche Erbfolge. Näheres dazu können Sie nochmals in Teil I unserer Serie nachlesen.

Aufbewahrung des Testamentes

Das handschriftliche Testament kann der Erblasser selbst, im eigenen Safe oder Bankschließfach als auch bei einer Person seines Vertrauens, verwahren. Es sollte jedoch sichergestellt sein, dass das Dokument nach dem Tod des Erblassers unverzüglich dem Nachlassgericht zur Verfügung gestellt wird, damit der Nachlass geregelt werden kann.

Das handschriftliche Testament kann auch in amtliche Verwahrung beim Nachlassgericht gegeben werden. Dies ist in den meisten Fällen eine sinnvolle Verwahrlösung, während das notarielle Testament hingegen zwingend amtlich verwahrt werden muss. Dies veranlasst der Notar nach der Beurkundung. Der Erblasser kann die Formulierung seines letzten Willens jederzeit aus der amtlichen Verwahrung zurücknehmen. Letztwillige Verfügungen, die sich in amtlicher Verwahrung befinden, werden im Zentralen Testamentsregister in Berlin geführt.

Erbrecht und Nachlassregelung: Mit einem guten Gefühl gehen können

Wenn Sie ihr Erbe nicht gesetzlich regeln lassen wollen, empfiehlt es sich immer den Nachlass zu Lebzeiten zu regeln. Bei Fragen zögern Sie bitte nicht Kontakt zu uns aufzunehmen.

Jens Poock, Vermögensverwalter & Testamentsvollstrecker bei Mademann & Kollegen

Checkliste Testament

  • Klar formulieren: Sorgen Sie für eine eindeutige und verständliche Formulierung, um Missverständnisse zu vermeiden.
  • Ort und Datum angeben: Notieren Sie Ort und Datum auf dem Testament.
  • Namen und Unterschrift: Fügen Sie Ihre volle Unterschrift sowie Ihren vollständigen Namen hinzu.
  • Sichere Aufbewahrung: Lagern Sie das Testament sicher, z.B. im eigenen Safe, Bankschließfach oder bei einer Vertrauensperson. Stellen Sie sicher, dass dieses auffindbar ist oder hinterlegen dies bestenfalls bei einem Notar.
  • Bankvollmacht erteilen: Sorgen Sie dafür, dass eine Bankvollmacht über den Tod hinaus vorliegt.
  • Notar konsultieren: Nutzen Sie die Beratung durch einen Notar, um rechtliche Angreifbarkeit zu vermeiden.
  • Regelmäßige Überprüfung: Überprüfen und aktualisieren Sie das Testament regelmäßig, um sicherzustellen, dass es Ihren aktuellen Wünschen entspricht und formulieren Sie bei wesentlichen Änderungen ein neues Testament.