16. Oktober 2024
6,7 Minuten

Testamentsvollstreckung: Ziele, Arten, Kosten

Wer kümmert sich hinterher?

Nachdem wir uns in den bisherigen Beiträgen dieser Serie mit den Grundlagen der Nachlassregelung sowie den Themen Generalvollmacht, Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung beschäftigt haben, möchten wir uns nun dem Thema Testamentsvollstreckung zuwenden. Was bedeutet Testamentsvollstreckung, wofür ist sie geeignet und warum kann die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers mögliche Sorgen nehmen? Wenn alles geregelt ist und der Erblasser schon zu Lebzeiten weiß, dass die Abwicklung, Verwaltung und Organisation des Nachlasses auch nach dem eigenen Ableben in vertrauensvolle Hände gelegt wird und die Erben somit Zeit haben, sich um den Verlust zu kümmern, statt sich mit der Organisation der verschiedensten Verpflichtungen zu beschäftigen, kann man das eigene Leben vielleicht noch bewusster genießen.

Was bedeutet Testaments­vollstreckung?

Die Testamentsvollstreckung gehört zu den wichtigsten Instrumenten der Nachfolgegestaltung. Sie wird vom Erblasser, damit der letzte Wille auch tatsächlich umgesetzt wird, im Testament oder in einem Erbvertrag angeordnet. Der Testamentsvollstrecker ist sozusagen der „verlängerte Arm“ des Erblassers. Dabei kann ein Testamentsvollstrecker einerseits das Vermögen des Erblassers schützen aber auch einen möglichen Streit um den Nachlass unter den Erben verhindern.

Für den Fall, dass mehrere Erben eine Erbengemeinschaft bilden, kann der Testamentsvollstrecker den Nachlass vor der drohenden Zerschlagung schützen beziehungsweise, dass das Familienvermögen als Ganzes erhalten bleibt. Außerdem kann eine Testamentsvollstreckung wichtig sein, wenn die Erben (noch) nicht in der Lage sind, den Erbfall selbst abzuwickeln oder den Nachlass zu verwalten, weil sie entweder unerfahren oder minderjährig sind.

Wenn im Rahmen einer Testamentsvollstreckung auch eine Unternehmensnachfolge zu vollziehen ist, kann ein Testamentsvollstrecker eine Firma auch durch den Generationswechsel begleiten.

Ziele der Testaments­vollstreckung:

Eine angeordnete Testamentsvollstreckung soll verschiedene Ziele und häufig mehrere Zwecke zeitgleich erfüllen. Dabei geht es sowohl um die Fürsorge für die eigenen Erben als auch um einen Schutz des Vermögens sowie einer professionellen Unterstützung bei der Umsetzung von Nachfolgeregelungen in komplexeren wirtschaftlichen Konstellationen.

Organisation einer Arbeitsentlastung für die Erben

Für die Hinterbliebenen überwiegt oftmals erst einmal die Trauer nach einem Todesfall und dennoch müssen in dieser Situation verschiedenste Tätigkeiten schnell erledigt werden. Die Liste an Verpflichtungen ist dabei lang und stellt für die Erben und Angehörigen zumeist eine herausfordernde Belastung dar.

Hinzu kommt, dass viele Erben selbst alleine schon durch den Beruf stark eingebunden sind oder weit entfernt vom Wohnort des Erblassers wohnen. Deshalb kann eine Testamentsvollstreckung eine sehr willkommene Entlastung sein, die sowohl viele Notwendigkeiten regeln kann als auch unnötige Streitigkeiten zwischen den Angehörigen vermeiden kann. Zu den unmittelbaren Aufgaben nach einem Todesfall gehören insbesondere:

  • Korrespondenz mit dem Nachlassgericht,
  • die Sichtung aller Unterlagen,
  • die Klärung und Prüfung aller Vertragsbeziehungen,
  • die Haushaltsauflösung und Verwertung von Gegenständen,
  • die Konten- und Grundstücksumschreibungen, sowie
  • die Abgabe von nachträglichen Steuererklärungen für den Erblasser und die Erbschaftsteuererklärungen für die Erben.

Vermeidung von Erbstreitigkeiten

Wenn durch einen Todesfall eine Erbengemeinschaft entsteht, kann man in dieser nur gemeinsam Entscheidungen treffen, darüber hinaus bedürfen die wichtigsten Entscheidungen sogar der Einstimmigkeit. Sinnvoll kann die Anordnung einer Testamentsvollstreckung dann sein, wenn ein Erblasser Streitigkeiten innerhalb der Erbengemeinschaft bei der Auseinandersetzung des Nachlasses oder bei der Verwaltung des Nachlasses befürchtet.

Hierbei kann eine Testamentsvollstreckung eine neutrale, externe Instanz bilden, die sowohl zwischen den Erben vermitteln kann als auch den letzten Willen des Erblassers in dessen Sinne umsetzen kann.

Da der eingesetzte Testamentsvollstrecker die alleinige Verfügungsbefugnis über den Nachlass erhält, liegt es an ihm, den Nachlass ordnungsgemäß zu verwalten und die Erbmasse gemäß dem Testament des Erblassers zu verteilen.

Garantierte Umsetzung des letzten Willens des Erblassers

Der Testamentsvollstrecker ist damit beauftragt, den letzten Willen des Erblassers umzusetzen. Dabei sorgt er dafür, dass Vermächtnisse und Auflagen erfüllt werden und die Wünsche des Erblassers auch in Bezug auf Details berücksichtigt werden. Hierbei kann z. B. der Erhalt eines Unternehmens gesichert werden oder auch dafür gesorgt werden, dass eine Immobilie im Familienbesitz bleibt, da die Erben ohne eine Einwilligung des Testamentsvollstreckers nicht eigenmächtig handeln können.

Arten der Testaments­vollstreckung

Eine Testamentsvollstreckung kann verschiedene Zwecke erfüllen. Dabei kommt es darauf an, ob ein Nachlass aufgeteilt werden soll oder der Nachlass ggf. für eine bestimmte Zeit verwaltet werden muss. Außerdem kann die Testamentsvollstreckung auch eine dauerhafte Aufgabe übernehmen, wenn z. B. dafür gesorgt werden muss, dass ein Erbe dauerhaft aus einem Nachlass versorgt werden soll.

  • Die Abwicklungsvollstreckung

Im gesetzlichen Regelfall findet eine Testamentsvollstreckung als Abwicklungsvollstreckung statt. Dabei wickelt ein Testamentsvollstrecker den Nachlass nach den Vorgaben des Erblassers ab, verteilt verfügte Vermächtnisse, erfüllt die Auflagen und verteilt dabei den Nachlass an die Erben. Im Rahmen dieser Umsetzung übernimmt dabei der Testamentsvollstrecker alle notwendigen Tätigkeiten und seine Aufgabe ist mit Erfüllung der Abwicklung beendet.

  • Die Verwaltungs­vollstreckung

Wird eine Verwaltungsvollstreckung verlangt, so ist es nicht die Aufgabe des Testamentsvollstreckers, den Nachlass abzuwickeln und an die Erben zu verteilen, sondern diesen für einen bestimmten Zeitraum selbst zu verwalten und damit auch zu erhalten. Hierbei bietet sich diese Art der Testamentsvollstreckung zumeist an, bis ein Erbe ein bestimmtes Alter erreicht hat, um ihm dann den Nachlass zu übergeben.

  • Die Dauertestaments­vollstreckung

Um Erben mit Lebenseinschränkungen oder überschuldete Erben einen Vorteil aus dem Nachlass zu sichern, wird oftmals eine Dauertestamentsvollstreckung eingesetzt. Dabei sorgt ein Testamentsvollstrecker in diesem Fall für die Lebensdauer des Erbberechtigten oder bis zum Ablauf der besonderen Lebenssituation dafür, dass der Nachlass im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten von den Erben genutzt werden kann, ohne dass Dritte Zugriff darauf haben.

Die Auswahl des richtigen Testaments­vollstreckers

Das Gesetz in Deutschland schreibt keine besonderen Voraussetzungen für die Auswahl einer Person als Testamentsvollstrecker vor. Grundsätzlich können für diese Aufgabe neben natürlichen Personen auch juristische Personen als Testamentsvollstrecker eingesetzt werden. Die Testamentsvollstreckung ist eine verantwortungsvolle Tätigkeit, die ein Vertrauensverhältnis, soziale Kompetenz und berufliche Qualifikation und Erfahrung erfordert. Dabei sind besonders folgende Eigenschaften wichtig:

Autorität und soziale Kompetenz:

Für das Amt des Testamentsvollstreckers braucht es neben einer hohen fachlichen Kompetenz auch ein hohes Maß an persönlichen und sozialen Kompetenzen, wie z. B. Entscheidungs- und Durchsetzungsfähigkeit, Sorgfalt und Überzeugungskraft. Dazu gehört aber auch, die Interessen der Beteiligten zu erkennen.

Externer Experte mit sachlicher und auch persönlicher Distanz:

Die ausgewählte Person sollte außerhalb des Kreises der am Nachlass Beteiligten stehen, damit sie Auseinandersetzungen unter den Erben neutralisieren kann und nicht durch Vorteilsnahme oder Parteilichkeit beeinflusst ist.

Kosten einer Testamentsvollstreckung

Neben einem Anspruch auf Ersatz seiner mit der Testamentsvollstreckung verbundenen Aufwendungen hat der Testamentsvollstrecker Anspruch auf eine angemessene Vergütung für die Führung seines Amtes, sofern im Testament nichts anderes bestimmt ist.

Am praxisrelevantesten ist dabei die Festlegung der Vergütung nach der sogenannten „Neuen Rheinischen Tabelle“, die im Jahr 2000 vom Deutschen Notarverein entwickelt wurde.

Zusammenfassung

Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den Fragen: Was, wenn ich noch da bin und noch kann? Was wenn ich noch da bin, aber nicht mehr kann? Und wer räumt hinter mir auf? können wir Ihnen abschließend zu unserer Serie „Erben & Vererben“ nur wärmstens empfehlen. Uns ist bewusst, dass diese Themen schwierig und emotional sind, doch nur wer sich die Zeit nimmt und die Angelegenheiten zu Lebzeiten oder in Zeiten einer physisch und psychisch gesunden Verfassung angeht, stellt sicher das die eigenen Bedürfnisse auch Berücksichtigung finden.

Abschließend zu dieser Blogserie planen wir nun Veranstaltungsrunden im kleinen Rahmen mit juristischer Begleitung. Insofern Sie einen Platz in einer der Veranstaltungen wünschen, so nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf. Die Teilnehmeranzahl halten wir begrenzt, damit jeder die Gelegenheit hat im Anschluss an dem Vortrag, Fragen zu stellen oder im Nachgang einen individuellen Termin zu vereinbaren.

Wir freuen uns auf Sie!

Jens Poock, Vermögensverwalter & Testamentsvollstrecker bei Mademann & Kollegen