Marktkommentar 05/2024
Sell in May and go away
Die Börsenstrategie „Sell in May“ rät dazu, Aktien im Mai zu verkaufen und erst im September zurückzukehren, um von der traditionell starken Jahresendrallye zu profitieren, aber gilt diese alte Börsenweisheit heutzutage auch noch und wo findet sie ihren Ursprung?
Ursprung der Börsenweisheit
Diese Börsenregel findet Ihren Ursprung in den Gepflogenheiten der englischen Oberschicht des 17. und 18. Jahrhunderts, denn diese war seinerzeit maßgeblich für den Aktienverlauf an der Londoner Börse verantwortlich und bestimmte die Verläufe der Aktienkurse. Da die Gesellschaft vor der Sommerpause sehr aktiv war, um anschließend die warmen Sommertage genießen zu können, verkaufte man zu Beginn der freien Zeit die Aktienpositionen um die Auszeit zu finanzieren.
(Quelle: https://www.skysports.com/racing/news/12426/12691433/st-leger-festival-simon-rowlands-is-back-with-two-tips-for-day-one-at-doncaster-live-on-sky-sports-racing)
Doch jede Auszeit hat irgendwann ein Ende und um die nächste Sommerzeit zu finanzieren, kehrte die feine Gesellschaft pünktlich zum St. Legersday (erste Pferderennen im September) an die Börse zurück, um für das darauffolgende Jahr neue Gewinne zu erzielen. Somit wurden die Aktien im Mai verkauft und sorgten im September für den Beginn eines positiven Verlaufes der Rally zum Jahresende.
Heutzutage sieht sich der Aktienmarkt jedoch einer Vielzahl von äußeren Einflüssen gegenübergestellt – eine Situation, die traditionelle saisonale Muster in den Schatten stellt. So kann es sein, dass diese Weisheit heute noch Anwendung findet, jedoch kann dies nicht mehr an einigen wenigen Einflussfaktoren festgemacht werden.
Unternehmenszahlen und Sparprogramme
Die globalen Börsen zeigten sich im April, durch die nach wie vor starke und leicht steigende Inflationsrate in den USA und die damit verbundene Zinsdiskussion und -unsicherheit über die Anzahl und den Zeitpunkt von Zinssenkungen, eher schwach. Infolge dessen haben die Tech-Werte nachgegeben und somit aufgrund ihrer prozentual hohen Gewichtung in den Indizes für einen Rückgang an den Märkten gesorgt. Ein im Gesamtbild dennoch überschaubarer Rückgang der Entwicklungen unterstreicht einmal mehr den Ansatz einer breit diversifizierten Anlagestrategie über unterschiedlichen Branchen.
Die aktuelle Berichtssaison zeigt, dass die Unternehmensleistungen, trotz der leicht schwächelnden Märkte, stabil sind. SAP profitierte von einem starken Cloud-Geschäft und Munich Re übertraf die Erwartungen mit starken Quartalsergebnissen und einer beeindruckenden Schaden-Kosten-Quote. BASF hingegen meldete einen Umsatz- und Gewinnrückgang. Wenn man über den großen Teich schaut, lassen sich hier positive Veröffentlichungen von Microsoft oder auch Alphabet nennen, die ebenfalls die Erwartungen treffen oder sogar übertreffen konnten. Intel verfehlte hingegen die Prognosen leicht und verbuchte dafür nachbörslich Kursverluste. Immer mehr zeigt sich, dass sich der Markt schwierig timen lässt und unvorhersehbar reagiert. Eine gute Depotstruktur sowie ein längerer Anlagehorizont werden somit immer elementarer.
Zinsen und Inflationsbedenken
In der Diskussion um die Zinspolitik herrscht weiterhin zunehmende Unsicherheit. Trotz hartnäckiger Inflation, die sogar ansteigt, könnten Zinserhöhungen oder eine Stagnation anstelle der eingepreisten Zinssenkungen bevorstehen. Diese Annahme drängt sich aufgrund der aktuellen Inflationsentwicklung auf. Historisch gesehen war es für die Kurse immer vorteilhafter, die Zinsen zur Inflationsbekämpfung anstatt einer schlechten Wirtschaftslage zu senken, dennoch stellt sich insbesondere für die USA die Frage wie es weitergehen wird.
Japan erhöhte das erste Mal nach 17 Jahren wieder die Zinsen. Wenn auch nur gering, könnte dies nun der Weg hin zu einer normalen Zinspolitik ebenen.
Wirtschaftswachstum und Goldpreise
Während Deutschland seine Wirtschafts- wachstumsprognose für 2024 minimal nach oben korrigiert hat (von 0,2 % auf 0,3 %), erleben wir beim Goldpreis historische Höchststände. Da Gold als vermeidlich sicherer Hafen zählt, haben mit Sicherheit die geopolitischen Risiken dazu beigetragen, den Goldpreis zu beflügeln, auch wenn der aktuelle Höhenflug sich nicht nur auf diese zurückführen lässt. Zusätzlich wird der Preis durch Aufstockung der Goldreserven vereinzelter Länder gestützt, da nicht mehr nur US-Dollar Reserven aufgekauft, sondern eben auch Goldbestände aufgestockt werden.
Marktstimmung und Ausblick
Trotz einer hartnäckig hohen Inflation, die insbesondere in den USA anhält, hat sich der DAX seit Jahresbeginn gut entwickelt. Ein solcher Anstieg wirft Fragen auf, insbesondere im Hinblick auf die anhaltende Stärke der Börse in turbulenten Zeiten.
Hinzu kommt die sich verändernde Rolle der Geld- und Fiskalpolitik, die zunehmend eine direktere Rolle im Börsengeschehen spielt. Die europäische Zentralbank plant beispielsweise eine Zinswende, die im Juni beginnen soll, da die Inflation in Europa stärker nachlässt und die wirtschaftliche Lage schwächer ist als in den USA.
Fazit
Zusammengefasst deutet vieles darauf hin, dass der Markt die Herausforderungen und Chancen der globalen Wirtschaft adaptiert und integriert, unabhängig von traditionellen Börsenregeln. Anleger sollten daher weniger auf alte Weisheiten achten und stattdessen auf solide Daten und Marktanalysen vertrauen, um ihre Anlageentscheidungen zu treffen.
So wie das Wetter sich ändern kann, bleibt auch der Aktienmarkt dynamisch und unvorhersehbar – eine Erkenntnis, die besonders in Zeiten globaler Unwägbarkeiten gilt.
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